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Rob Ickes

Am 16. Oktober 2015 war es mal wieder soweit: Ein Dobro-Topshot kam auf Europa-Tournee. Rob Ickes spielte zusammen mit Trey Hensley, einem erstklassigen Gitarristen und Sänger, in der Nähe von Basel (Flyer). Der Saal war fast voll und die Stim-mung super. Die beiden zeigten sich in bester Spiellaune. Rob Ickes braucht man auch hierzulande nicht mehr näher vorzu-stellen; Trey Hensley ist jedoch noch ziemlich unbekannt. Dies wird sich aber mit Sicherheit bald ändern: Der Mittzwanziger singt und spielt, als wäre er schon Jahrzehnte im Geschäft. So spielten sich die Beiden auf Augenhöhe durch Bluegrass, Country, Blues und Jazz. Virtuosität, Musikalität und Vielseitigkeit sorgten dafür, dass dieses Konzert zu einem absoluten Höhepunkt wurde. Nach dem Konzert gab's dann noch ein Supplement im Café, wo sie auf Tuchfühlung zum Publikum noch eine ganze Weile weiterspielten.

Trey Hensley und Rob Ickes

Nach dem Konzert hatte ich die Möglichkeit mit Rob Ickes folgendes Interview zu führen:

Frage: Du bist zurzeit auf Europa-Tour. Da selten Dobro-Spieler nach Europa kommen, frage ich mich, was Deine Motivation ist ausserhalb der Staaten zu touren.

Rob: Es begann mit Adiaha's Bluegrass Camp (www.bluegrasscamp.de). Adiaha [Burkmiller] kontaktierte mich letztes Jahr wegen einer Teilnahme [an einem Workshop]. Aber ich konnte nicht so lange vorausplanen, wegen meiner Agenda mit Blue Highway (www.bluehighwayband.com). Weil, wenn ich für eine Woche herkomme, kann meine Band nicht arbeiten, deshalb ist es schwierig für mich, auf Reise zu gehen und mein eigenes Ding zu machen. Aber dann fragte sie mich wieder letztes Jahr und hat diesmal kein "Nein" akzeptiert (lacht). Zu dem Zeitpunkt kam gerade meine CD mit Trey heraus und ich dachte, es sei sicher eine gute Sache, Trey mit auf Tour zu nehmen. Und da Adiaha nun mal kein "Nein" akzeptierte, haben wir uns entschieden, darum herum noch ein paar Shows zu buchen.

Frage: Dein Album "Road Song" sieht nicht nur aus wie eine Jazz-Platte, es ist auch Jazz. Die Dobro gilt ja nicht gerade als typisches Jazz-Instrument. Was ist deine Erfahrung in diesem Bereich?

Rob: In jungen Jahren war ich vorallem im Bluegrass zu Hause, also Seldom Scene, Flatt & Scruggs, Tony Rice. Als ich dann auf das College ging gab mir jemand die Platte "Kind of Blue" von Miles Davis und das hat mich wirklich umgehauen. Ich liebe die Art wie Miles spielte. Und auch Tony Rice, ich habe jedes Interview mit Tony Rice gelesen. Und er hat immer auch über Miles Davis und John Coltrane gesprochen. Die meisten Bluegrass-Musiker reden ja nicht gerade darüber (lacht). Er [Tony Rice] hat also meine Neugier auf den Jazz geweckt. Und als ich begann diese Musik zu hören, dachte ich "mein Gott, das ist ja grossartig!" Und um auf Tony Rice's Musik zurück zu kommen: Er brachte die Präzision und den Soul des Jazz und kombinierte das irgendwie mit Bluegrass und seinem Gitarrenspiel. Ich habe das Glück, dass ich seit 10 Jahren immer wieder mit Tony Rice spielen kann und ich frage ihn immer wieder diverse Dinge wie über das Aufnehmen. Allein wenn man mit jemandem darüber spricht, kann man viel lernen. Ja, und als ich anfing Miles Davis zu hören, öffnete sich für mich eine komplett neue Welt mit B.B. King, John Scofield, Robben Ford and Larry Carlton, all die Electric Guitar Players. So habe ich begonnen Soli von Miles Davis oder B.B. King für die Dobro zu transkripieren. Dabei habe ich gelernt wie sie spielten. Das Ganze habe ich auf mein Instrument übertragen und das hat meinen Geist für eine ganz neue Welt geöffnet.

Frage: Glaubst Du, dass die Dobro in der Jazz-Szene akzeptiert wird?

Rob: Ahm … - Sicher, ich hatte die Gelegenheit ein paar Jazz-Platten einzuspielen, wie z.B. "What It Is", mit Saxophon, Piano, Schlagzeug und Dobro. Die ist noch jazziger als "Road Song". Wir hatten Glück, die Platten kamen sehr gut an und werden im Jazz-Radio oft gespielt. Und als "Road Song" herauskam bekamen wir sogar eine Einladung, um am "Red Sea Jazz Festival" in Eilat, am südlichen Ende von Israel, zu spielen [2009]. So sind wir dorthin geflogen, John Scofield und Diane Reeves waren auch dort. Es ist schon ein ziemlich grosses Jazz-Festival. Die beiden Shows waren fast ausverkauft. - Das ist was ich liebe an der Dobro: ihre Vielseitigkeit. Sie ist nur durch deine Vorstellungskraft limitiert. Der Sound ist wie eine Stimme oder eine Violine, die in verschiedenen Musikformen eingesetzt werden kann.

Frage: Da Du ja Jazz spielst, hast Du jemals daran gedacht auf 8-String Dobro zu erweitern, wie das ja Mike Auldrige auch getan hat, oder gar auf Pedal Steel?

Rob: Ja das habe ich und ich liebe diese Instrumente. Aber wie auch die Dobro in Open-G gestimmt ist, betrachte ich das wie bei einer Violine: Kenny Baker, einer der besten Bluegrass-Fiddle Player spielte in der selben Stimmung wie Stéphane Grapelli aber total andere Musik. Mit der Dobro in Open-G Tuning kann ich in jeder Stilrichtung spielen, solange ich weiss, was diesen Stil ausmacht. Natürlich ist es einfacher, gewisse Dinge auf einer 8-saitigen Dobro oder auf der Pedal Steel zu spielen. Aber ich mag es lieber, die Dinge auf meine Art und auf diesem Instrument zu spielen. Zudem, ich will nicht zwei Gitarren mit mir rumschleppen (lacht).

Frage: Du hast eine hohe Präsenz auf Youtube. Einige Videos sind autorisiert, andere offensichtlich nicht. Wie wichtig ist Youtube für Dich?

Rob: Finanziell gesehen ist es nicht wichtig für mich, meinst Du das (lacht)? - Nein, ich habe gemischte Gefühle darüber. In der ersten Show auf dieser Tour hatten wir einige neue Songs, die auf unserem nächsten Album sein werden. Am nächsten Tag jedoch tauchten Videos davon auf Youtube und Facebook auf. Ich finde es irgendwie komisch, wenn die Leute die Songs schon kennen, bevor das neue Album draussen ist. So haben wir diese Songs aus dem Programm genommen. Es ist wirklich schade, weil ich wollte sie noch etwas weiter entwickeln bevor das Album rauskommt. Aber du fängst dann an darüber nachzudenken. Aber es hat auch etwas Gutes: Leute die mich nicht kennen, kommen auf Youtube mit meiner Musik in Kontakt und können mich so kennenlernen. Aber ich denke eine Show ist immer etwas für die Leute hier und jetzt und wenn sich die ganze Welt die Show schon am nächsten Morgen ansehen kann …, ich weiss nicht. So habe ich gemischte Gefühle über Youtube und kann nicht sagen, ob und wie wichtig das für mich letztendlich ist.

Ich mag es, wenn mich die Leute fragen, z.B. nach einer Show die Leute kommen und sagen, "ich habe die Show aufgenommen. Darf ich sie auf Youtube stellen?" dann würde ich vielleicht sagen: "lieber nicht das ganze Konzert, wie wär's mit ein paar Songs?". Weil, du weisst ja nie, vielleicht war der Mix schlecht oder du hast was Dummes auf der Bühne gesagt (lacht). Ich finde es einfach höflich, erst zu fragen. Ich schätze das, wenn die Leute zuerst fragen.

Frage: Ich habe noch nie ein Photo von Dir gesehen mit einer anderen Gitarre als einer Sheerhorn. Auf Deiner Website hast Du aber Links zu Beard und Rayco Gitarren. Hast Du jemals andere Gitarren gespielt, wie z.B. Beard, Rayco, Dobros oder Nationals?

Rob: (lacht) Ja, ja, ich habe ein Signatur-Modell von National: Tim Sheerhorn und National haben sich zusammengetan. Es gibt drei Modelle, ein Mahagoni-, ein Ahorn- und ein Palisander-Modell, das mein Signatur-Modell ist. Die machen wirklich einen guten Job und verkaufen schnell. Ich mag auch die Arbeiten von Paul Beard, wie auch die von anderen Gitarrenbauern. Aber für mich ist Tim Sheerhorn einfach top. Ich habe ihn erstmals getroffen als er angefangen hat Dobros zu bauen. Mike Auldridge hat mir von ihm erzählt. Das war 1990. Ich habe also Tim Sheerhorn geschrieben und ihn gebeten, mir Infos über seine Gitarren zu senden und er sandte mir eine schöne Broschüre mit schönen Bildern von seinen Gitarren. Damals waren sie ausschliesslich aus Vogelaugenahorn gefertigt; ein wirklich sehr schönes Holz. Auch sandte er mir eine Kassette, auf der er eine der Gitarren auch selber spielte. Ich dachte mir, das tönt ja gut auf Kassette aber ich kann nicht etwas kaufen, das ich nicht selber gespielt habe. Zudem war ich damals auf dem College und hatte kein Geld. Ein paar Monate später, Sally Van Meter, eine Freundin von mir, bekam eine, ich glaube es war die No. 3. Ich spielte sie und verliebte mich sofort in sie [die Gitarre]. Am nächsten Tag habe ich Tim angerufen und ihm gesagt, dass ich auch will. Ein paar Jahre später baute er für sich selber eine Palisander-Gitarre. Die gefiel mir sehr und ich wollte auch eine haben, so überliess er sie mir. Dann fing er an Gitarren mit grösserem Korpus zu bauen, von denen er auch eine für mich baute. Ich mochte immer den Palisander-Sound, er ist sehr warm, wie Mike Auldridge's Sound, fett und warm, nicht hell. Zusammen mit dem Steelbar und den Picks tönt eine Dobro eh schon sehr hell. So, wenn es eine bessere Gitarre gibt, dann spiele ich sie, aber ich habe noch keine gesehen (lacht).

Frage: Aber Du hast nie eine Metallgitarre gespielt?

Rob: Naja, das ist ein ganz anderer Sound, der sich für andere Dinge eignet. Ich habe eine Rayco Weissenborn Hawaii-Gitarre, die ich liebe. Sie tönt einfach grossartig. Die spiele ich als mal bei Sessions. Dann habe ich eine [Dobro] des tschechischen Gitarrenbauers, äh …

Frage: Lebeda …?

Rob: … Rozawood, Roman Zajicek. Er macht wirklich tolle Gitarren. - Und, wen hast Du gemeint?

Frage: Lebeda.

Rob: Auch ein tschechischer Gitarrenbauer? - Ja ich glaube ich habe letzte Woche mal zwei seiner Gitarren gespielt und war davon sehr beeindruckt. - Es gibt einige wirklich gute Gitarrenbauer zur Zeit aber diese Gitarren [Sheerhorn] sind etwas ganz spezielles für mich. Sie sind sehr ausgewogen.

Frage: Da sind wir auch schon bei meiner nächsten Frage: Was genau macht eine Sheerhorn so besonders für Dich?

Rob: Vom Design her macht er einiges anders: So hat er den Soundring rausgenommen und durch vier Soundposts ersetzt, ähnlich wie bei einer Geige, dann die sehr edlen Massivhölzer. Die meisten Dobros waren vorher aus Sperrholz gefertigt. Und das Vogelaugenahorn, ich bin sicher, das hat vor ihm niemand gemacht. Dann gibt es eine Schallwand, die den Sound verstärkt. Und die Verarbeitung ist so gut, dass jede Note unglaublich singt, speziell in den tiefen Lagen. Bei ihm kamen erstmals die tiefen Lagen so richtig gut raus. Vorher hat dieses Register nie gut geklungen; es war einfach nichts da. Jetzt kann man alle Lagen gleichermassen nutzen.

Frage: Hast Du auch mit verschiedenen Cones experimentiert, wie Bear, Quarterman, Dobro etc.?

Rob: Ja, ich habe Sheerhorn und mag auch Quarterman Cones sehr. Beard habe ich noch nicht ausprobiert, obwohl Paul Beard ganz tolle Sachen macht. Ich denke die sind alle sehr gut. Für mich machen diese Cones nicht einen solchen Unterschied, dass ich denke, "oh mein Gott, jetzt brauche ich diesen oder jenen Cone". Ich hatte mal einen Quarterman Cone, Tim hat ihn durch einen Sheerhorn Cone ersetzt: beide haben gut geklungen. Ich höre da keinen grossen Unterschied bei den Cones.

Frage: Sheerhorn Gitarren klingen ganz anders als Dobros mit Soundwell, wie Du ja schon vorher erwähnt hattest. Was hälst Du von diesen alten Gitarren mit Soundwell, wie sie ja Standard waren in der Vergangenheit?

Rob: Gut, ich spielte auch einige Regals aus den 30er Jahren, die ich sehr mochte. Dobro konnte damals mit der Nachfrage nicht Schritt halten, so heuerten sie Regal an und Regal baute bessere Gitarren als Dobro. So, Squareneck Regal Gitarren mit massiver Kopfplatte haben oftmals einen super Sound. Ein Freund von mir in Nashville hat so eine. Das ist wirklich eine Killer-Gitarre. Aber viele der alten Gitarren haben kaum Bass oder Lautstärke. Aber Jerry Douglas z.B. spielt diese Gitarren momentan oft, im Zusammenhang mit seinem Lester & Scruggs- oder Earls of Leicester-Projekt. Das gibt dem Ganzen einen älteren Sound. Und das tönt wirklich sehr gut, aber ich mag die neueren Gitarren lieber (lacht).

Frage: Einige Sheerhorn Modelle sind aus Massivhölzern gefertig, andere wiederum aus Sperrholz, wie die alten Dobros, die ja ausschliesslich aus Sperrholz waren. Der Grund lag darin, den Korpus möglichst steif zu halten; lediglich der Cone sollte schwingen, während der Korpus die Funktion eins Lautsprechergehäuses übernahm. - Was ziehst Du vor: Massivhölzer oder Sperrholz?

Rob: Nun, wenn es eine gute Sperrholzgitarre ist, dann spiele ich sie und mag sie auch. Wie z.B. die Mike Auldridge Modelle von Paul Beard, die sind ja auch aus Sperrholz. Ich habe einige davon gespielt und mochte sie wirklich. Es ist wie die Frage, ob du lieber Ahorn oder Palisander Gitarren hast. Ich habe Ahorn Modelle von Sheerhorn das sind Killer Teile. Man kann nicht generell sagen, jede Ahorn Gitarre ist gut oder jede Palisander Gitarre ist gut in den tiefen Lagen. Es kommt ganz auf die Gitarre an.

Frage: Warum hat sich Sheerhorn mit National zusammengetan? Er hat doch damit seine Unabhängigkeit aufgegeben.

Rob: Nein, hat er nicht wirklich (lacht). Er hat seine Unabhängigkeit nicht aufgegeben. Wir hatten eine Zusammenarbeit mit Abe Wechter. Tim und Abe haben in Massen produzierte Gitarren unter der Marke Wechter-Sheerhorn hergestellt. Drei davon waren Rob Ickes Modelle. Aber es gab auch noch andere Modelle. Und das lief gut. Ich war wirklich stolz auf diese [Rob Ickes Modelle] Gitarren. Ich wollte etwas das gut klingt und nicht so viel Geld kostete. Und das war genau das was Sie taten. Unglücklicherweise verlor Abe Wechter seinen Namen. Das ist eine lange Geschichte, aber er arbeitete für eine andere Firma. Die liessen ihn dann gehen und zahlten ihn aus und plötzlich standen wir vor dem Nichts. Dann haben wir versucht mit Abe etwas neues aufzubauen. Tim sprach mit National Guitars darüber, Gitarrenteile aus China zusammenzubauen. Darauf sagte National, "wieso können wir die nicht selber bauen?" Tim war einverstanden, sie haben dann einen Deal aufgesetzt und so gut verkauft, dass Tim nicht mehr aktiv in der Produktion involviert ist. Tim wollte auch seine Aktivitäten etwas zurückfahren. Er baut zwar nach wie vor Gitarren aber nicht mehr so viele wie früher. Er hat seinen Namen zur Verfügung gestellt, sagt den Leuten wie die Gitarren gebaut werden müssen, aber er hat nicht seine Unabhängigkeit verloren.

Frage: Auf Deiner Website habe ich gelesen, dass Du vorzugsweise d'Addario Saiten verwendest - wie übrigens auch ich. Viele Resogitarristen verwenden eher Saiten von John Pearse oder GHS. Weshalb sind d'Addario für Dich die bevorzugten Saiten?

Rob: Ja, ich verwende die d'Addario J-42. Ich habe viele verschieden Marken ausprobiert, bin aber immer wieder auf die J-42 zurückgekommen. Tim Sheerhorn hat ein Set mit GHS-Saiten zusammengestellt. Die sind wirklich gut. John Pearse habe ich noch nie probiert. D'Addario verwende ich seit meiner Kindheit. Die sind einfach gut und sehr konsistent. Es ist wie mit den Gitarren: ich habe viele ausprobiert, bin aber immer wieder auf die von Tim Sheerhorn zurückgekommen.

Frage: Ich finde die d'Addario sind in fast jeder Stimmung gleich gut. Selbst bei einer tiefen C-Stimmung klingen sie noch immer hervorragend und die G-Saite behält ihre Brillanz sehr lange.

Rob: Ja, ich hatte nie Probleme mit den Saiten. Sie reissen auch nie. Ich finde dass sich Phosphor Bronze sehr gut für die Dobros eignet.

Frage: Ok., vielen Dank für das Interview.

Rob: Gern geschehen.




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